Der Literarische Salon

Eine Veranstaltungsreihe der Initiative Kölner Jazz Haus e.V. und des Literaturhaus Köln. Gefördert von dem Kulturamt der Stadt Köln und der Heinrich Böll Stiftung.In Zusammenarbeit mit der Buchhandlung Klaus Bittner und dem Schauspiel Köln.Medienpartner: Kölner Stadtanzeiger, Stadtrevue.




Lesung & Gespräch
Stadtgarten
Seit 14 Jahren laden Guy Helminger und Navid Kermani Schriftsteller*innen, für die sie sich begeistern, in ihren Literarischen Salon in den Kölner Stadtgarten ein. Der Gast liest aus seinen eigenen Büchern, bringt aber auch Texte mit, die ihm oder ihr besonders wichtig sind. Nach der Pause präsentiert der Gast dann, was ihn oder sie sonst noch bewegt: Platten, Bilder, Videos oder was Schriftsteller*innen sonst alles verhandeln, wenn Lesungen eigentlich schon zu Ende sind.
12 JAN 2023 • Rachel Cusk
Es liest Ines Marie Westernströer
Eine Stilistin, die über Nebensächliches wie über eine antike Tragödie schreibt. Und das scheinbar Große mit leichter Hand enttarnt. Eine Autorin, deren Romane gedankenvoll sind wie Essays und deren Essays so schön zu lesen wie Romane. Eine Feministin, die in ihrer Radikalität, Wahrhaftigkeit und Selbstkritik Feministinnen verstört. Eine Zeitgenossin, die mit kaltem Blick auf ihre, unsere Gesellschaft blickt. Ein literarischer Weltstar, der sich dem Betrieb konsequent entzieht. Ein Solitär – das ist Rachel Cusk, die als Tochter englischer Eltern 1967 in Kanada geboren wurde, in Los Angeles aufwuchs, mit acht Jahren nach England zurückkehrte und heute in Frankreich lebt. Erregte sie in der angelsächsischen Welt mit ihrem provokanten Memoir zum Muttersein („Lebenswerk“) Aufsehen, um anschließenden auch für ihre Romanen gefeiert zu werden, verlief die Rezeption im deutschsprachigen Raum umgekehrt: Hier war sie bereits mit ihrer Romantrilogie „Outline“ berühmt, als sie mit ihrem Essay alle Positionen im Geschlechterkampf durcheinander wirbelte. Zuletzt erschien kurz hintereinander ein Essayband und ein Roman, „Coventry“ und „Der andere Ort“, und über beides möchten wir mit Rachel Cusk sprechen, die Form und Idee zu einer leuchtenden Einheit bringt.
09 FEB 2023 • Mohamed Mbougar Sarr
Seit der Veröffentlichung seines ersten Romans wird Mohamed Mbougar Sarr mit Preisen überhäuft. Dabei ist der senegalische Autor erst 32 Jahre alt. Nun liegt mit „Die geheimste Erinnerung der Menschen“ endlich auch einer seiner Romane auf Deutsch vor. Und was für einer. Sowohl stilistisch als auch thematisch wagt Sarr viel: Er erzählt eine labyrinthische Kriminalgeschichte, die drei Kontinente sowie ein Jahrhundert umspannt, und reflektiert zugleich tiefgründig über das Wesen der Poesie. Und als wäre das nicht genug, bietet sein Roman außerdem eine radikale Auseinandersetzung mit dem Erbe des Kolonialismus und der Gegenwart des Rassismus. Ja, Sarr wagt viel – und triumphiert. Nicht umsonst hat er als erster Senegalese die wichtigste Literaturauszeichnung Frankreichs erhalten, den Prix Goncourt, und wird „Die geheimste Erinnerung der Menschen“ gleichzeitig in 22 Sprachen übersetzt.
11 MAI 2023 • Maria Stepanowa
1972 in Moskau geboren, gilt Maria Stepanova als die wichtigste russische Autorin ihrer Generation. Im März 2022 gehörte sie zu den Unterzeichnern eines Appells, die Wahrheit über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu verbreiten. Der Umgang mit Geschichte, das Verklären einer imaginären Vergangenheit sind aber auch zentrale Themen ihrer Werke. Egal ob Roman, Essay oder Gedichtzyklus, stets hinterfragt Stepanova das kollektive Gedächtnis Rußlands, auf das sich der Kreml heute bei seiner Kriegsführung beruft. „Tiefe Menschlichkeit und überragender Scharfsinn prägen dieses Buch, das höchste Belehrung und höchsten Genuß bieten“, schrieb die NZZ über ihren Roman „Nach dem Gedächtnis“, der auf der Shortlist des internationalen Booker-Prize stand: „Nicht zuletzt aber bewahrt sie der Humor davor, einem blinden Kult der Vergangenheit zu verfallen.“ Im April nun erscheint ihr neuestes Buch auf deutsch, das während der Pandemie in einer rauschhaften poetischen Inspiration in Moskau entstand. „Winterpoem“ spricht von Verbannung und Exil, von sozialer Isolation und existentieller Verlassenheit – prophetisch auch von der Gegenwart. Zur Zeit lebt Stepanova in Berlin.
07 SEP 2023 • Robert Menasse
Mit dem Roman „Die Hauptstadt“ gelang Robert Menasse, geboren 1954 in Wien, einer der größten literarischen Erfolge der letzten Jahre: 2017 mit dem Deutschen Buchpreis prämiert, von Kritikern bejubelt und über Monate auf der Bestsellerliste. Und ja, wir waren ebenfalls hingerissen vom anarchischen Witz und politischen Ernst dieses Brüsseler Spektakulums – und erst recht von den Charakterbildern, die viel zu verrückt sind, um ausgedacht zu sein. Denn eine Rechercheleistung in den Kammern und Kantinen der EU-Institutionen war „Die Hauptstadt“ außerdem. Danach zog Menasse sich aus der Öffentlichkeit zurück; nicht einmal seine polemischen, scharfzüngigen, leidenschaftlichen Widerworte gegen den Nationalismus waren mehr zu hören. Als wir nun erfuhren, dass im Herbst endlich ein neuer Roman erscheint, Arbeitstitel: „Die Erweiterung“, sprachen wir die Einladung ausnahmsweise ohne vorherige Lektüre aus – denn schlecht zu schreiben, das hat Robert Menasse noch nie hingekriegt.
Konzeption und Gastgeber: Guy Helminger, Navid Kermani
Koordination: Thomas Empl
Initiator: Jürgen Nordt
Es lesen: Schauspieler*innen des Schauspiel Köln
Die lässigste aller Kölner Literaturveranstaltungen.
FAZ